Ein Lehrgang mit Hajo Persoon, 3. Dan Wado-Ryu Karate - Werner Conradi, 4. Dan Aikido - Artikel von Christian R.
Wer nur im eigenen Seich bleibt, fängt irgendwann an zu düfteln. Man sollte also auch mal beim Nachbarn reinschauen und sich etwas Frischwasser holen. Unter dem Begriff Budo sind die meisten japanischen Kampfkünste zusammengefasst. Man kann von einer Familie sprechen, da die Kampfkünste mehr oder weniger miteinander verwandt sind. Werner und Hajo von der HNT wollten uns bei einem Lehrgang zeigen, wie die Verwandtschaft zwischen Karate und Aikido ist. Speziell dem Wado Ryu Karate, das Anteile vom Okinawa Karate und dem japanischen Ju Jutsu hat.
Im Aikido und Wado Ryu ist die Harmonie von Bedeutung. Wado Ryu heißt frei übersetzt Schule des harmonischen/friedlichen Weges. Aikido heißt in etwa Weg der harmonischen Kräfte. In der Beschreibung des Wado Ryu Karate findet sich ein Aikidoka sicherlich wieder. Im Wado-Ryu wird der Hauptakzent auf die Bewegung des Rumpfes (des Zentrums) gelegt, die viele verschiedene Formen des Tai Sabaki enthält. Die zugrundeliegenden Bewegungsprinzipien im Wado-Ryu, wie z.B. Ausweichen und Mitführen der gegnerischen Technik bei einem Angriff, Eindringen in den Angreifer und Kontrolle des Gegners sowie fließende Übergänge zwischen den einzelnen Techniken sind dem Aikido sehr ähnlich. Im Unterschied zum Aikido ist im Wado Ryu das Ausweichen fast immer von einem präzisen Schlag (Atemi) auf einen vitalen Punkt begleitet und danach folgt erst ein Wurf.
Werner und Hajo haben sich für den Lehrgang einen Technik Mix zum Angriff Shomen Tsuki überlegt, um zu zeigen, dass die Grundidee beim Wado Ryu und Aikido ähnlich, jedoch die Umsetzung anders ist. Am Kaiten Nage wurde dies sehr gut deutlich. Im Aikido nimmt man den Tsuki auf, lenkt um und wirft. Im Wado Ryu kontert man den Tsuki erst mal mit einem Gegen-Tsuki in die Seite des Angreifers, worauf dieser nach vorne zusammen sackt und so in die Position für einen Kaiten Nage kommt.
Hajo begann mit einer weichen Gymnastik. Für die Mobilisation der Gelenke reichen 10 % Kraft völlig aus. Mit der Weichheit kam er zu einem wichtigen Prinzip. Tai Otoshi von Tai „der Körper“ und Otoshi von „etwas fallen lassen“. Gemeint ist die Anspannung aus dem eigenen Körper zu nehmen, ihn in sich zusammensacken zu lassen. Also locker und weich zu werden, um so einen Fauststoß besser aufnehmen zu können oder um eine Kraft zu übertragen. Am besten kann man Tai Otoshi erkennen bei der Technik Kiri Otoshi. Man bringt den Angreifer nicht zu Fall indem man ihn rückwärts umreißt, sondern weil man den eigenen Körper absacken lässt und so den Angreifer mitnimmt und ins Fallen bringt. Quasi macht die Schwerkraft die ganze Arbeit.
Neben Kiri Otoshi und Kaiten Nage beschäftigten wir uns auch mit dem Shiho Nage. Das Bewegungsmuster des Shiho Nage kann man auf vielerlei Weise nutzen. Der Karateka würde zwei Fauststöße machen, einen geraden und einen mit einer Drehung, der Schwertkämpfer hätte zwei Schwerthiebe angebracht in etwas so wie der Karateka seine Fauststöße und der Aikidoka würde eben werfen.
Ein sehr lehrreicher Lehrgang, der den Horizont etwas erweitert hat und zeigt, dass Aikido nicht etwas Einzigartiges ist, sondern viele Inhalte mit anderen Kampfkünsten teilt. Aikido ist eben auch ein Teil der Evolution.